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Dropshipping – wer ist wofür verantwortlich?

Was ist Dropshipping?

Dropshipping bezeichnet ein Geschäftsmodell vor allem im Onlinehandel, bei dem die Ware nicht vom Händler, sondern vom Lieferanten oder Hersteller versendet wird. Der Onlinehändler fungiert hier nur als Zwischenstation, der die Bestellung weiterleitet. Er hat kein Lager, keine Ware, muss sich nicht um den Versand kümmern. Das alles findet nämlich beim Großhändler oder Hersteller statt. Die Kundin und der Kunde bemerkt das üblicherweise gar nicht.

Dieses Modell hat für den Shopbetreiber Vor- und Nachteile, die wir hier besonders in Bezug auf die rechtlichen Aspekte beleuchten möchten.

Einer der attraktivsten Vorteile ist der geringe Kapitaleinsatz, da keine Ware vorab eingekauft werden muss. Diese Ware muss auch nicht selbst gelagert oder versendet werden, womit auch wieder große Kostenpunkte wegfallen. Das klingt für den Start ins Onlinegeschäft natürlich sehr verlockend. Vergessen darf man dabei allerdings nicht: Mit allem, was man auslagert, verdienen andere Geld. Für den eigenen Gewinn muss man daher genau überlegen, was man sinnvoll auslagert.

Dazu gehört auch die rechtliche Betrachtung: Für die meisten Aufgaben, die man auslagert, kann man die Verantwortung nämlich nicht abgeben.

Wir möchten Ihnen die einzelnen Aspekte anhand eines konkreten Beispiels liefern. Martin ist Kunde bei Vanessa. Vanessa verkauft in ihrem Onlineshop einen Rucksack, der bei einem Lieferanten aus China eingekauft wird.


Rechtliche Situation für den Onlinehändler bei Dropshipping

Der Vertrag wird zwischen Martin (Kunde) und Vanessa (Onlineshop-Betreiberin) geschlossen. Somit haftet Vanessa vollständig gegenüber Martin. Das wird dann z.B. relevant, wenn

  • Der Lieferant (Großhändler oder Hersteller) eine mangelhafte Ware versendet
  • Der Lieferant die von Vanessa angegebene Lieferzeit nicht einhält
  • Martin eine Ware gemäß Rücktrittsrecht zurücksenden möchte

In all diesen Fällen hat Martin ausschließlich Vanessa als Vertrags- und Ansprechpartnerin. Der Onlinehändler kann sich hier nicht auf den Lieferanten ausreden.

Im Gewährleistungsfall bedeutet das, dass Vanessa dafür sorgen muss, dass Martin die Ware entsprechend der Produktbeschreibung bekommt. In letzter Konsequenz kann das auch bedeuten, dass man die Ware woanders (teurer) einkaufen muss, um sie dann an die Kundin oder den Kunden zu senden.

Bei Überschreitung der im Online-Shop anzugebenden maximalen Lieferzeit trägt Vanessa die Verantwortung für evtl. Schadenersatzforderungen durch Martin. Das kann z.B. bedeuten, dass Martin das Produkt aufgrund der geänderten Lieferbedingungen nicht mehr geliefert bekommen möchte. Stattdessen bestellt er es zu besseren Lieferbedingungen in einem anderen Online-Shop, aber zu einem höheren Preis. Als verantwortlicher Online-Händler muss Vanessa ihm die Preisdifferenz zusätzlich zur Rückzahlung aller entstandenen Kosten erstatten.

Rechtlich ist es im Rahmen des Rücktrittsrechts wahrscheinlich OK, wenn Vanessa Rücksendungen auf Kosten von Martin direkt zum Lieferanten im Ausland verlangt. Hat sich Martin aber erst einmal mit zig Euro an Paketgebühren und zusätzlich mit Zollformalitäten und -gebühren rumgeschlagen, wird er nie wieder in ihrem Online-Shop einkaufen, sondern seine Energie darauf verwenden, sich auf Bewertungsplattformen über den Shop zu beschweren.

Besonders aufmerksam sollten Dropshipping-Onlineshops dabei sein, über die Herkunft der Ware nicht zu täuschen. Das fällt unter „irreführende Geschäftspraktik“ und somit unter unlauteren Wettbewerb.


Datenschutz und Dropshipping

Ein weiterer rechtlicher Aspekt kommt mit dem Datenschutz auf uns zu. Um den Versand der Bestellung abwickeln zu können, übermittelt Vanessa die Daten von Martin an den Lieferanten. Das ist auch grundsätzlich zulässig, muss allerdings vollständig in der Datenschutzerklärung kommuniziert werden.


Weitere rechtliche Bereiche

Je nach genauer Konstellation und Produktart gibt es noch weitere Bereiche, die bei einem Dropshipping-Händler relevant sein könnten.

  • Verpackungsrechtliche Pflichten
    Hersteller sind verpflichtet, das in Umlauf gebrachte Verpackungsmaterial zu lizenzieren. Bei Herstellern, die nicht in der EU ansässig sind, muss überprüft werden, ob dies auch geschehen ist. Im schlimmsten Fall kann ein Vertriebsverbot für Vanessa ausgesprochen werden.
  • Produktsicherheitsrecht
    Bei Herstellern/Lieferanten aus Nicht-EU Ländern muss darauf geachtet werden, ob alle technischen Sicherheitsstandards bei den Produkten erfüllt werden.
  • Kennzeichnungs- und Informationspflichten
    Je nach Produktart kann es auch noch eine Registrierungspflicht für den Hersteller für Elektrogeräte, Batterien oder Lebensmittel geben. Hier muss beachtet werden, dass nicht zwischen Hersteller und Dropshipping-Händler, also Importeur, unterschieden wird. Somit kann diese Registrierungspflicht auch Vanessa treffen.
  • Produktpiraterie
    Für den Fall, dass Waren verkauft werden, die das geistige Eigentum eines anderen verletzen, haftet nicht der Hersteller/Lieferant, sondern ebenfalls Vanessa.

Fazit

Der Vormarsch von Dropshipping erklärt sich durch die großen finanziellen Vorteile. Dennoch sind die rechtlichen Verpflichtungen des Onlinehändlers nicht zu vernachlässigen und müssen bei der Entscheidung, ob Dropshipping das richtige Modell für einen selbst ist, unbedingt beachtet werden.

Sollten Sie darüber nachdenken, als Dropshipping-Händler einen Onlineshop zu starten, überlegen Sie sich auch gut, welche Lieferanten oder Hersteller Sie auswählen und welche rechtlichen Pflichten für Ihre Produkte zusätzlich gelten. Um auf eventuellen Problemen nicht allein sitzen zu bleiben, ist es wichtig, Lieferanten und Hersteller vertraglich mit in die Pflicht zu nehmen. Das entbindet zwar nicht von der Verantwortung, macht es aber einfacher finanzielle Schäden weiterzugeben.

Dropshipping birgt eben nicht nur Vorteile, sondern auch große rechtliche Risiken, die unter Umständen die finanziellen Vorteile schnell ausgleichen oder im schlimmsten Fall weit übersteigen.