Der ungebrochene Trend zum Einkaufen im Internet hat auch in Österreich zu einer deutlichen Zunahme im E-Commerce geführt. Befeuert durch die Pandemie haben zuletzt zahlreiche Anbieter ihr Online-Angebot aus- oder überhaupt erst aufgebaut. Angesichts der Marktdominanz globaler Konzerne wie Amazon oder Alibaba stellt sich jedoch für viele heimische Player die Frage, wie sie gegen die Internet-Riesen punkten können.
Gute Nachrichten für heimische Händler und Anhaltspunkte, wie man sich behaupten kann, liefert eine aktuelle Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens: 59,9 Prozent aller 1.000 Befragten ist es wichtig, dass ein Online-Shop von einem österreichischen Händler betrieben wird bzw. aus Österreich kommt – und zwar quer über alle Altersstufen hinweg.
Fakt oder Fiktion: Warum heimische Anbieter bevorzugt werden
Mit 62,7 Prozent kauft die Mehrheit der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten bei lediglich ein bis drei Online-Anbietern, 27,4 Prozent verteilen ihre Einkäufe auf vier bis sechs Shops. Dazu Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens: „Es ist nicht schwer zu erraten, dass bei den Top-3-Anbietern die ,Big Player‘ nach wie vor an der Spitze liegen. Aber wir beobachten eine steigende Tendenz bei der Bandbreite der genutzten Online-Shops – eine Chance für heimische Anbieter.“
Genauer hinterfragt, warum eine österreichische Herkunft bei Online-Shops wichtig ist, geben zwei Drittel (66,1 %) an, dass sie die heimische Wirtschaft unterstützen wollen. Mehr als die Hälfte (55,4 %) bevorzugen Austro-Anbieter, weil diese dank kürzerer Lieferwege nachhaltiger sind. Drittwichtigster Grund ist, dass dort auch Waren von kleineren heimischen Erzeugern angeboten werden. Immerhin 36,9 Prozent geben an, österreichische Online-Anbieter zu bevorzugen, weil sie Internet-Riesen aus den USA und Asien nicht noch weiter fördern wollen. Und jeweils rund 35 Prozent vertrauen österreichischen Anbietern generell mehr bzw. fühlen sich bei diesen sicherer.
Top-Thema Nachhaltigkeit als Shopping-Kriterium
Wie sich bereits bei den Gründen für die Priorisierung österreichischer Anbieter zeigt, spielt Nachhaltigkeit auch beim Einkaufen im Internet mittlerweile eine große Rolle: Mehr als zwei Drittel aller Befragten (68,7 %) geben an, dass ihnen dieses Thema bei der Auswahl eines Online-Shops wichtig ist – bei Frauen steht dieser Aspekt etwas höher im Kurs als bei Männern (72 % vs. 65,6 %).
Aber was genau verstehen die Konsumentinnen und Konsumenten dabei unter Nachhaltigkeit? Im Rahmen der Studie wurde auch hier genauer nachgefragt. Am wichtigsten ist demnach, dass ein Anbieter nachhaltige Produkte im Sortiment hat (89,5 %), gefolgt von der Verwendung von Verpackungen aus Recyclingmaterial (88,2 %). Fast ebenso viele (88,1 %) legen Wert darauf, dass alles, was als nachhaltig bezeichnet wird, auch als solches überprüfbar ist. Ebenfalls deutlich mehr als Dreiviertel der Befragten finden eine CO2-neutrale Lieferung (82,7 %) relevant, damit Online-Shops als nachhaltig gelten können, und dass nachhaltige Produkte im Sortiment nicht nur vorhanden, sondern auch speziell gekennzeichnet und filterbar sind (81,8 %).
E-Commerce-Experte Behrens: „In einigen Fällen mag es sich um Lippenbekenntnisse handeln, aber dennoch zeigen diese hohen Zahlen deutlich, dass im Bereich Nachhaltigkeit enormes Potenzial liegt. Kurze Lieferwege, umweltschonende Verpackung und nachhaltige Produkte sind absolute Pluspunkte. Wer diese Kriterien nicht kenntlich macht, lässt eine große Chance verstreichen.“
Luft nach oben bei Versandkosten, Angebot und Information
Um noch attraktiver zu werden, könnten österreichische Anbieter in den Augen der Befragten noch weitere Aspekte verbessern. Auf der Wunschliste ganz oben steht eine versandkostenfreie Lieferung (57,9 %), gefolgt von günstigeren Preisen (55,1 %). 44,1 Prozent finden, dass heimische Online-Shops bzw. -Plattformen mit einem größeren Produktangebot punkten könnten. Zu den Anliegen der Konsumentinnen und Konsumenten zählen zudem einfachere Retourenabwicklung (36,9 %), schnellere Lieferung (29,3 %), ansprechendere Online-Shops (27,6 %) sowie eine Zertifizierung mit einem Gütezeichen, um seriöse Shops einfach erkennen zu können (24,3 %). Insgesamt zufrieden zeigen sich die Befragten mit dem Kundenservice und den Produktdarstellungen heimischer Anbieter: nur je rund ein Fünftel (20,4 % bzw. 18,7 %) wünscht sich hier Verbesserungen.
„Kostenfreie Lieferung ist in manchen Produktgruppen unumgänglich, aber nicht in allen Bereichen notwendig“, weiß Behrens. „Hier lohnt es sich, Zielgruppen und Konkurrenz je nach Produktgruppe genau anzuschauen und die Lieferkosten entsprechend anzupassen.“
Luft nach oben zeigt sich allerdings auch bei der Information der Konsumentinnen und Konsumenten, was einen österreichischen Online-Shop überhaupt ausmacht. Denn fast 90 Prozent sind der Ansicht, dass es entscheidend ist, ob ein Händler nach Österreich liefert. An zweiter Stelle der wichtigsten Aspekte rangiert eine österreichische Adresse im Impressum (79,1 %), gefolgt von dem Faktum, dass der Händler seinen Hauptsitz in Österreich hat (77,3 %). Für rund Dreiviertel (76,5 %) macht der Versand aus Österreich einen heimischen Online-Shop aus. 70 Prozent meinen, dass eine .at-Adresse ausschlaggebend dafür ist, ob es sich um einen österreichischen Anbieter handelt. Immerhin deutlich mehr als die Hälfte (58 %) hält auch das Vorhandensein stationärer Filialen in Österreich für ein wichtiges Kriterium.
„Diese Ergebnisse sind zum Teil überraschend und zeigen großen Aufklärungsbedarf – denn Versand nach Österreich ist keineswegs gleichbedeutend mit Versand in Österreich und eine at.-Domain für einen Beweis heimischer Herkunft zu halten, ist ein gravierender Irrtum. Wer den Heimvorteil nutzen möchte, muss daher umso deutlicher erkennbar machen, dass er tatsächlich ein österreichischer Online-Händler ist“, kommentiert Thorsten Behrens.
Über die Studie:
Die repräsentative Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens wurde von Marketagent.com im September 2021 mittels Online-Befragung unter 1.000 Österreicherinnen und Österreichern (zwischen 14 und 69 Jahren) durchgeführt.