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Retouren-Info: Interview "Rechtsexperten zum Rücktrittsrecht"

Rücktrittsrecht – so gehen Sie auf Nummer sicher

Alles, was Recht ist: Das Thema Retouren sorgt bei Onlinehändlern häufig für Kopfzerbrechen – denn es ist nicht nur aufwendig und im Umgang mit Kundinnen und Kunden sensibel, sondern auch juristisch komplex. Zwei Rechtsexperten bringen auf den Punkt, was Sie aus gesetzlicher Sicht beachten müssen.

Wer „E-Commerce“ sagt, muss auch „Retouren“ sagen – denn an Rücksendungen führt im Onlinehandel kein Weg vorbei. Ein ungeliebtes Thema bei Betreibern von Internet-Shops, denn neben den Faktoren Zeit und Geld sind die zahlreichen rechtlichen Vorgaben für viele eine Herausforderung.

Die beiden Juristen Dr. Karl Gladt (Internet Ombudsstelle) und Dr. Roman Seeliger (Bundessparte Handel in der WKO) bringen Licht ins Dunkel: Was bedeutet das Rücktrittsrecht? Wie lange gilt es? Welche Informationen muss man Konsumentinnen und Konsumenten zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form bereitstellen? Und wer muss eigentlich was bezahlen? Diese und weitere Fragen beantworten die Experten leicht verständlich hier im Video-Podcast.

Klartext bei Begrifflichkeiten

Unsicherheiten entstehen oft schon bei den verschiedenen Begriffen, die verwendet werden. Der Podcast bringt hier Klarheit. So meinen etwa „Rücktrittsrecht“ und „Widerrufsrecht“ genau das Gleiche. Zwischen „Rücktrittsrecht“ und „Rückgaberecht“ besteht hingegen ein Unterschied: Während Ersteres eine gesetzliche Verpflichtung darstellt, ist Zweiteres ein zusätzlicher Kundenservice – der Händler verlängert freiwillig die Frist für Retouren und darf dann auch eigene Spielregeln einbringen. Nicht zu verwechseln sind außerdem „Rücktritt“ und „Kündigung“, wie der Experten-Talk verrät.

Alles eine Frage der Information

Das gesetzliche Rücktrittsrecht sieht eine Frist von 14 Tagen vor. So weit, so simpel. Doch es ist mit einer Vielzahl an Informationspflichten verbunden, denen Onlinehändler schon aus Eigeninteresse unbedingt nachkommen sollten. Sie müssen Kundinnen und Kunden z. B. über Startzeitpunkt und Dauer der Fristen, über die Kostenfrage beim Rückversand sowie über etwaige Ausnahmen vom Rücktrittsrecht informieren und ein Widerrufsformular zur Verfügung stellen.

Neben dem Inhalt ist hier auch die Form ausschlaggebend: Ein Kapitel oder einen Link dazu auf der Website bereitzustellen, reicht nicht aus. Die Auskünfte müssen auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden. Die gute Nachricht: Ein E-Mail gilt als dauerhafter Datenträger.

Dr. Karl Gladt und Dr. Roman Seeliger beschreiben anschaulich, ab wann welche Fristen – auch bei Warenlieferungen in mehreren Teilen – gelten, welche Informationen Onlinehändler zur Verfügung stellen müssen und in welcher Form sie das tun können.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Um das Fazit der Juristen vorwegzunehmen: Mehr Information ist immer besser als zu wenig. Das gilt auch und besonders bei einigen Spezialfällen im Bereich Retouren. So sollte auf jeden Fall darüber informiert werden, wer die Portokosten trägt – auch, wenn es sich nur um einen Teilrücktritt handelt. Stellen Sie auch im Vorfeld klar, ob Sie benützte Ware innerhalb eines 30-tägigen Rückgaberechts akzeptieren (im Rahmen des 14-tägigen Rücktrittsrechts müssen Sie das nolens volens).

Ausnahmen vom Rücktrittsrecht bilden zudem Gesundheits- und Hygieneartikel, verderbliche Waren, unversiegelte Datenträger sowie individualisierte Produkte. Über solche Spezialfälle sollten Sie sich nicht nur selbst genau informieren, sondern auch die Kundinnen und Kunden – so kann Streitereien vorgebeugt werden. Digitale Inhalte und Dienstleistungen zählen ebenfalls zu den Ausnahmen, denn bei einem sofortigen Konsum (wie bei E-Books oder Streaming-Angeboten) müssen Käuferinnen und Käufer ausdrücklich auf ihr Rücktrittsrecht verzichten.

Wie Sie mit all diesen Sonderfällen in der Praxis am besten umgehen, rechtliche Hürden elegant meistern und vieles mehr erfahren Sie ausführlich hier im Video-Podcast.

 

Beantwortung Spezial-Fragen:

Bis zum 14. Jänner 2021 hatten Unternehmerinnen und Unternehmer die Möglichkeit, individuelle Fragen zum Thema per E-Mail einzusenden. In diesem Video werden die wichtigsten Fragen von den Experten gesammelt beantwortet.

Das Österreichische E-Commerce-Gütezeichen steht seinen zertifizierten Anbietern natürlich jederzeit für Fragen zur Verfügung. Mehr zur Zertifizierung: www.guetezeichen.at/unternehmen/vorteile-fuer-unternehmen

Das gesamte Interview zum Nachlesen

Hallo und herzlich willkommen zu den Praxistipps im E-Commerce – schön, dass Sie dabei sind! In dieser Folge geht es um Retouren. Ein ungeliebtes Thema, an dem aber kein Händler vorbeikommt. Noch dazu ist es ein Thema mit sehr vielen rechtlichen Vorgaben. Genau dazu habe ich zwei Rechtsexperten eingeladen, mit denen ich klären möchte, was das Rücktrittsrecht ist und wie es in Onlineshops umzusetzen ist.

Ich begrüße Dr. Roman Seeliger von der Bundessparte Handel der WKO …

Hallo!

… und Dr. Karl Gladt von der Internet Ombudsstelle. Hallo, herzlich willkommen!

Herr Gladt, warum darf ein Kunde Waren zurücksenden?

Waren zurücksenden darf der Kunde, weil es im Onlinehandel ein gesetzliches Rücktrittsrecht gibt. Das ist eine Besonderheit des Onlinehandels, weil man sich bei Käufen im Internet in der Regel ja nicht so gut informieren kann wie beim Einkauf im stationären Handel und auch teilweise übereilte Entscheidungen trifft. Da räumt einem das Gesetz die Möglichkeit ein, von einem Kauf zurückzutreten und eine Ware auch wieder zurückzuschicken.

Ich lese öfter „Rücktrittsrecht“ und „Widerrufsrecht“. Gibt es da irgendeinen Unterschied oder ist es das gleiche?

Das ist nur ein semantischer Unterschied – ein anderes Wort für das Gleiche. International ist „Widerruf“ gebräuchlicher. Hier haben wir daher auch die Widerrufserklärung, die der Konsument abgibt, aber er kann genauso gut schreiben „ich trete zurück“. Es geht hier um den Inhalt und nicht um die Form.

Und wie lange darf man zurücktreten?

14 Tage dauert dieses Rücktrittsrecht, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Konsument die Ware in Händen hat. Wenn es mehrere Teillieferungen sind, dann gilt der Zeitpunkt, zu dem man den letzten Teil bekommen hat.

Das heißt also, wenn man an einem Termin bestellt und bekommt nach drei Tagen die erste Ware, nach 15 Tagen die zweite Ware und das letzte Stück erst nach 20 Tagen – dann würde das Ganze erst nach 20 Tagen beginnen und dann 14 Tage.

Was noch dazukommt: Der Unternehmer hat die Pflicht, den Konsumenten darüber zu informieren, dass es dieses Rücktrittsrecht gibt. Das ist deshalb so wichtig, denn wenn der Unternehmer es unterlässt oder vergisst, dann haben wir ein Jahr plus 14 Tage. Beziehungsweise wenn er dann draufkommt, dass er es vergessen hat und die Information nachreicht, dann läuft diese Frist von 14 Tagen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Konsument davon erfahren hat.

Herr Gladt, kommt es öfter vor, dass dagegen verstoßen wird und dass das so zum Tragen kommt?

Ja. Das gesetzliche Rücktrittsrecht ist fast eine eigene Wissenschaft. Es ist wirklich gar nicht so einfach, all diesen Informationspflichten zu genügen. Ich muss über das Rücktrittsrecht nicht nur informieren, sondern ich muss das auch auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Es reicht also beispielsweise nicht, wenn ich das einfach als Link auf meiner Website habe, sondern ich muss dem Kunden auch ein E-Mail schicken. Der muss das auf seinem Computer speichern können. Wenn ich das nicht tue, dann verlängert sich die Rücktrittsfrist schon. Und ich muss auch über alle Spezifika des Rücktrittsrechts informieren. Es ist also aus Händlersicht, muss ich sagen, gar nicht so einfach, all diesen Informationspflichten nachzukommen.   

Was muss da dann drinstehen? Dass es das gibt und dass es 14 Tage sind, nehme ich an. Aber was muss da sonst noch drinstehen in den Informationen?

Zum Beispiel muss ein Widerrufsformular dabei sein. Das muss auch auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Aber wie schon gesagt: E-Mail gilt als Datenträger – glücklicherweise. Denn sonst wäre es noch komplizierter.

Also dauerhafter Datenträger heißt, es muss sozusagen dem Kunden in Händen sein?

Nicht unbedingt. Ein E-Mail reicht, ein PDF würde reichen oder auf Papier, wenn es mit der Bestellung mitkommt. Es muss mir einfach vorliegen und ich muss das bei mir aufbewahren können.

Stellt sich immer die Frage: Wer muss den Rückversand bezahlen? Muss ich das als Konsument oder muss das der Händler machen?

Grundsätzlich hängt das auch wieder von der Information ab. Der Unternehmer kann das natürlich übernehmen, er kann aber auch sagen, das muss der Konsument zahlen. Dann muss er aber vorher – vor Abschluss des Kaufes – schon darüber informiert haben und dann muss das auch auf dem dauerhaften Datenträger schon da sein. Es ist sehr wichtig, dass der Unternehmer sich immer bewusst ist, dass er über alles informieren muss. Wenn er seine Informationspflichten verletzt, wenn er zum Beispiel hier nichts sagt, dann gehen die Kosten des Rückversandes zulasten des Unternehmers. 

Und wenn ich jetzt zum Beispiel fünf Teile bestelle, aber nur drei Teile zurückschicke und zwei behalte, wie ist es dann mit den Rückversandkosten? Wenn der Händler eigentlich sagt, dass er das übernimmt – muss er das dann in dem Fall auch?

Beim Teilrücktritt gilt dasselbe wie beim Gesamtrücktritt: Wenn ich als Verbraucher die Rücksendekosten tragen muss und davor darauf hingewiesen worden bin, dann muss ich die Portokosten für die Rücksendung dieser drei Waren tragen. Wenn ich nicht darüber informiert worden bin, dann empfiehlt es sich, ein Rücksendeetikett vom Händler anzufordern und es dann auf Kosten des Händlers zurückzuschicken.

Sie haben gesagt: Rücksendeetikett anfordern. Wenn es das nicht gibt und der Händler muss aber die Kosten tragen – heißt das, ich muss es selbst zur Post bringen, bezahlen und dann die Kosten vom Händler zurückfordern?

Eine klare Meinung dazu findet sich in der Literatur nicht, aber ich gehe davon aus, dass grundsätzlich keine Vorschusspflicht des Händlers besteht. Das heißt, ich müsste es als Verbraucher auslegen und dann in weiterer Folge vom Händler zurückverlangen.

Durch das Gesetz kommt zum Ausdruck, dass, wenn nicht darüber informiert wurde oder wenn der Unternehmer von vornherein sagt, dass er diese Kosten übernimmt, dann darf am Schluss der Konsument nicht auf diesen Kosten sitzenbleiben. Wie das dann abgewickelt wird, ist nicht geregelt.

Also am besten ist es, dem Kunden so ein Rücksendeetikett immer schon zur Verfügung zu stellen, weil dann hat man auch die Kosten im Griff. Dann kann man selbst mit dem Transportdienstleister regeln, was einen der Rückversand kostet. Sonst hat man da ja keinen Überblick.

Genau. Allein aus Sicht des Kundenservices empfiehlt es sich natürlich auch, ein Rücksendeetikett zur Verfügung zu stellen. Was man in diesem Kontext vielleicht erwähnen sollte: Rückgaberecht und Rücktrittsrecht werden oft vermischt. Viele Händler bieten ja die Möglichkeit an, dass man nicht binnen 14 Tagen, sondern binnen 30 Tagen oder einer längeren Frist die Ware zurückgeben kann. Da handelt es sich eigentlich um etwas anderes als das gesetzliche Rücktrittsrecht. Das ist praktisch ein zusätzlicher Kundenservice, den der Händler da anbietet und der richtet sich dann aber nach den Regeln des Händlers.

Wenn ich das mache, wozu mich der Gesetzgeber nicht verpflichtet, bin ich völlig frei, das zu regeln, wie ich möchte. Das heißt, wenn ich 30 Tage anbiete, dann gilt bis zu Erreichen der 14 Tage das, was gesetzlich gilt und wenn ich dann am 15. Tag zurückschicke, ist der Händler völlig frei, die Bedingungen – so weit es nicht den guten Sitten widerspricht – zu regeln wie er das möchte.

Insbesondere gilt das zum Beispiel bei der Frage, wenn jemand gebrauchte Ware zurückschickt. Nach dem gesetzlichen Rücktrittsrecht steht es mir zu, eine Ware zurückzuschicken, auch wenn sie bereits gebraucht habe. Das führt oft zu Streitigkeiten, aber dieses Recht habe ich. Der Händler kann aber dann einen sogenannten Wertersatz verlangen. Das heißt, er kann Kosten dafür verlangen, dass er diese Ware dann am Ende reinigen muss. Das gilt aber nur im Rahmen dieses gesetzlichen Rücktrittsrechts. Wenn ich mich im Rahmen dieses vertraglichen Rückgaberechts, also dieses 30-tägigen Rechts, bewege, dann kann der Händler sagen: Benützte Ware nehme ich nicht zurück! Und dann ist das auch rechtmäßig.

Da sind wir bei einer teilweise haarigen Frage: Wann gebrauche ich die Ware und wann nicht? Wenn ich etwas ausprobiere, nur um zu sehen, ob es überhaupt funktionstüchtig ist, dann ist das noch im Rahmen und gilt nicht als gebraucht. Wenn ich aber anfange, es wirklich zu gebrauchen, dann ist es auch ein Gebrauchen. Da sind die Grenzen oft fließend. Es ist schwierig für den Händler und auch für den Konsumenten, abzuschätzen, wo die Grenze ist. Wir haben immer gesagt, dass das, was man in einem stationären Geschäft machen dürfte, auch zu Hause erlaubt ist. Aber zum Beispiel einen Rasierer darf man nicht verwenden. Das ist ja schon aus hygienischen Gründen unangebracht. Und das ist sicherlich ein Gebrauch.

Da kommt mir das Thema Matratzen in den Sinn. Dazu gibt es auch ein Urteil, oder?

Genau, da ging es aber im Grunde genommen auch um die Frage, ob es sich bei einer Matratze um eine Ware handelt, die aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet ist. Bei bestimmten Waren, die aus Gesundheits- oder Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, ist nämlich das Rücktrittsrecht ausgeschlossen.

Da gibt es noch ein paar andere Dinge wie leicht Verderbliches. Das kann man natürlich auch nicht zurückschicken. Wenn ich mir Joghurts schicken lasse und die dann 14 Tage später zurücksenden möchte, wird das nicht gehen. Und dann gibt es auch noch Datenträger, die nicht mehr zurückgegeben werden dürfen, sobald sie nicht mehr versiegelt sind. Aber da trifft den Unternehmen eben die Informationspflicht. Und die sollte er auch beachten.

Also diese Ausnahmen vom Rücktrittsrecht müssen genau angegeben werden und der Kunde muss auch darüber informiert werden?

Ja, auch bei Spezifika. Wenn ich mir beispielsweise ein Hemd bestelle und meinen Namen draufsticken lasse, dann wird der Händler kaum mehr eine Möglichkeit haben, es jemand anderem zu verkaufen. Und deswegen gilt hier die Ausnahme vom Rücktrittsrecht. 

Genau, wobei es auch bei solchen individualisierten Waren zu Streitigkeiten kommen kann. Beispielsweise haben wir in letzter Zeit öfter den Fall des konfigurierten Notebooks, wo der Händler dann sagt, dass das eine individuelle Anfertigung ist. Da stellt sich diese Frage. Es gibt dazu eine ältere Entscheidung eines deutschen Höchstgerichts, wonach das keine Individualfertigung ist und ich das zurückgeben kann. Die Frage kann sich auch stellen bei Küchen. Wenn es eine Standardküche ist, die ich nach Laufmetern kaufe, könnte ich sie theoretisch auch zurückgeben. Aber im Detail stellen sich da viele Streitfragen.

Also auch nicht so einfach, nicht so eindeutig. Neben benutzt oder nur getestet gibt es auch die Frage: Muss ich das ganze eigentlich in der Originalverpackung zurückschicken?

Es ist nirgends geregelt, dass es die Originalverpackung sein muss, aber ich muss es natürlich adäquat verpacken. So, dass die Ware auch wieder vor Beschädigung geschützt ist. Und das ist meines Erachtens mit der Originalverpackung am ehesten zu erreichen. Wenn ich aber als Verbraucher eine adäquate Möglichkeit der Verpackung finde, dann geht das auch. Aber die muss er dann halt auch finden …

Für den Händler ist es auf jeden Fall eine Herausforderung, wenn er die Retoure bekommt, die Ware wieder neu zu versenden.

Wenn es etwas schon ein bisschen gebraucht ist, ist das für den Händler überhaupt eine Herausforderung. Er kann es dann ja nicht als neu verkaufen. Das geht nicht und geht deshalb sehr zu Lasten des Händlers. Es ist daher für ihn eine Herausforderung, keinen Schaden zu nehmen.

Jetzt ist die Ware zurück beim Händler. Was bekommt der Kunde zurückerstattet?

Auf jeden Fall den Kaufpreis samt der Hinsendekosten vom Unternehmer zum Verbraucher. Die Rücksendekosten hängen, wie gesagt, davon ab, was vereinbart wurde. Wenn nichts vereinbart wurde, dann müssen auch diese erstattet werden.

Das mit den Hinsendekosten kommt mir wieder kompliziert vor. Wenn ein Händler zum Beispiel anbietet, dass der Versand ab 70 Euro Warenwert gratis ist – und dann schickt man etwas zurück und ist plötzlich unter 70 Euro: muss man dann im Nachhinein noch bezahlen?

Schwierige Frage. Letzten Endes würde ich dann ja hinsichtlich dieses Teils des Vertrags vom Kauf zurücktreten. Denn damit würde ich ja mit dem Bestellwert unter 70 Euro sinken und so gesehen wäre der Händler auch nicht verpflichtet, die Gratiszusendung zuzugestehen.

Wir sehen das genauso, wenngleich wir wissen, dass viele Händler das dann im Kulanzweg nicht einfordern. Aber rein rechtlich hätte man da gute Chancen.

Aber wenn man den Kunden auch für weitere Bestellungen behalten möchte, ist die Kulanz da wohl der bessere Weg.

Ich glaube, viele Händler haben ein gutes Gespür dafür, ob ein Konsument das bis zum Gehtnichtmehr ausreizt. Bei Stammkunden wird man darüber hinwegsehen. Wenn ich aber merke, dass jemand nur mehr bestellt hat, um sich den Versand zu ersparen und dann schickt er einen Teil zurück, dann würde man es wohl verlangen können. Aber wie gesagt ist das eine Frage, wie jeder einzelne Händler im Sinne der Kundenfreundlichkeit damit umgeht.

Wir haben eben schon von Ausnahmen vom Rücktrittsrecht gesprochen, z. B. bei versiegelten Waren wie CDs oder DVDs. Filme und Musik kann man aber nicht nur auf CD, DVD oder Blue-ray kaufen, sondern auch streamen oder als MP3 downloaden. Wie ist es denn da mit dem Rücktrittsrecht?

Es ist eher unbekannt, dass das Rücktrittsrecht nicht nur bei Warenlieferungen gilt, sondern auch für online abgeschlossene Verträge über Dienstleistungen und digitale Inhalte. Wenn ich also beispielsweise eine Handwerkerleistung im Internet bestelle, dann ist das ein online abgeschlossener Vertrag über eine Dienstleistung und ich könnte davon zurücktreten, sofern ich das rechtzeitig mache. Bei den digitalen Inhalten – typischerweise E-Books oder Streaming-Angebote – besteht grundsätzlich schon das gesetzliche Rücktrittsrecht. Es erlischt aber, wenn ich die sofortige Erbringung verlange und darauf hingewiesen wurde, dass dadurch mein Rücktrittsrecht erlischt sowie eine Bestätigung darüber erhalte. Unter diesen Voraussetzungen erlischt mein Rücktrittsrecht und ich kann dann nicht mehr von dieser Online-Bestellung über diesen digitalen Inhalt zurücktreten. Ich kann das heruntergeladene E-Book oder Spiel also nicht mehr zurückgeben.

Damit ich das richtig verstehe: Ich bestelle zum Beispiel ein E-Book. Wenn der Anbieter 14 Tage warten würde, bis er es mir zur Verfügung stellt, dann könnte ich innerhalb dieser 14 Tage zurücktreten.

Richtig.

Wenn ich es aber sofort haben möchte, dann erlischt das Rücktrittsrecht?

Wenn ich im Vorhinein verzichte.

Das ist beispielsweise der Grund, warum viele, die eine Autobahnvignette digital gekauft haben, 18 Tage warten müssen. Weil hier von der Asfinag quasi die Rücktrittsfrist abgewartet wird. Erst dann wird der Inhalt – die digitale Vignette – zur Verfügung gestellt.

Da gab es eben die Schwierigkeit, dass manche das widersinnig fanden: wenn ich sie online bestelle, muss ich warten, wenn ich sie analog kaufe, habe ich sie sofort. Aber das ist genau auf diesen Zusammenhang zurückzuführen.

Man muss also nicht explizit auf das Rücktrittsrecht verzichten, sondern kauft sie einfach schon lang genug vorher und hat das Problem nicht.

Wie sieht so eine ausdrückliche Zustimmung dann aus? Wenn ich also sage, ich möchte das jetzt sofort haben? Muss man dann selbst eine E-Mail schreiben oder wie ist das in der Praxis?

Der Händler oder Dienstleistungserbringer sagt, wie lange es dauert. Wenn man es früher haben will, muss man seine Einwilligung geben. Das kann man natürlich auch elektronisch machen. Es muss aber ein aktiver Schritt des Konsumenten, zum Beispiel aktives Anhaken, da sein. Damit er wirklich darauf aufmerksam gemacht wird: wenn ich es früher will, dann habe ich verzichtet. Es darf nicht irgendwo versteckt sein.

Es darf also nicht einfach untergejubelt werden.

Genau. Unterjubeln ist das richtige Wort.

„Click & collect“ ist ja auch ein großes Thema: Man bestellt online und holt es dann offline im Geschäft ab. Gibt es da auch ein Rücktrittsrecht?

Das hängt davon ab, ob der Vertrag schon zustande gekommen ist, bevor ich als Konsument körperlich im Geschäft anwesend bin. Wenn der bereits fix zustande gekommen ist – Einigung über Ware und Preis, Zustimmung usw. – dann ja. Wenn ich es mir nur reservieren habe lassen, mit der Option, es dann zu kaufen oder nicht, wenn ich es mir im Geschäft angeschaut habe, dann nicht.

Und darüber muss auch wieder genau informiert werden?

Wenn der Vertrag bereits zustande gekommen ist, dann ist es zu behandeln wie ein reines Online-Geschäft. Dann muss ich über alles informieren – je mehr, desto besser. Obwohl ich finde, dass Überinformation auch Desinformation sein kann. Aber das hat der EU-Gesetzgeber so geregelt und das ist so.

Man muss also über alles möglichst genau informiert werden, damit man Bescheid weiß. Könnte man das Ganze als Händler nochmals kurz zusammenfassen oder sollte man das besser nicht machen? Mich interessiert, ob ich die Rücksendung zahlen muss oder der Händler – viel mehr interessiert mich eigentlich nicht. Darf man darüber z. B. auf der Startseite kurz informieren?

Über das Rücktrittsrecht muss ich informieren. Nicht nur auf der Startseite, sondern auf einem dauerhaften Datenträger. Je mehr informiert wird, desto besser. Über die wichtigsten Punkte – Rücktrittsrecht, 14 Tage usw. – sollte ich auf jeden Fall informiert haben, sonst kann die Frist bis zu einem Jahr länger dauern. Wir reden hier übrigens immer von mangelfreier Ware. Wenn eine Ware nicht funktioniert oder irgendeinen Mangel hat, dann gelten diese Regeln natürlich nicht – da wären wir dann beim Gewährleistungsrecht mit ganz anderen Fristen.

Gewährleistung lassen wir mal außen vor. Es geht um Waren, die funktionieren, die okay sind – die man bestellt hat und dann bemerkt, dass man sie nicht braucht oder sie nicht passen etc.

Offenbar werden auch die Begriffe Rücktritt und Kündigung gerne verwechselt werden. Was ist da der Unterschied?

Das sind zwei verschiedene Sachen. Beim Rücktritt habe ich ein Recht von 14 Tagen, bei einer Kündigung handelt es sich um die Beendigung eines langfristigen Vertrags. Etwa bei einem Mietverhältnis oder einem längerfristigen Streaming-Vertrag. Hier spreche ich eine Kündigung aus: Ich möchte, dass der Vertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt endet. Bis dahin bleibt er aber bestehen und wird auch nicht rückwirkend aufgelöst. Er wird einfach durch meine Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet.

Dann wären wir auch am Ende dieses Gesprächs. Das waren einige aufschlussreiche Informationen zum Rücktrittsrecht und wie man es händeln soll. Vielen Dank!

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